Hallihallo, hier ist die Leni!
Willkommen zu meinen Stickabenteuern! Ich weiß – ich weiß. Warum sollte man im 21. Jahrhundert noch Sticken lernen? Stickerei klingt verstaubt und überholt: nach Dampfmaschinen, Lehmtöpfen und zittrigen alten Frauen vorm Kamin, die noch nie ein Telefon gesehen haben. Aber das ist alles zu Unrecht. Meiner Stick-Omi Otti würde das Herz brechen, wenn sie sehen könnte, wie wenig wir heutzutage ihre bestechende (ba-dum tss) Kunst schätzen.
Moderne DIY-Stickerei?
Nicht alles ist verloren! Langsam, sehr langsam, wächst im Internet eine Stickerei-Bewegung heran, die selbst Omi Otti beeindrucken würde. Sie hat sich ja immer dafür eingesetzt, dass die „weiblichen Künste“ genauso sehr geschätzt werden wie die männlichen – und ich wette sie würde sich in der größten Ruhmeshalle für Handwerkskünste aller Art, dem Internet-Einkaufsportal Etsy, pudelwohl fühlen.
Hier zum Beispiel ein paar Werke einer meiner Lieblingskünstlerinnen, der Russin Tatiana Rukodainaia („aLittleBitSun“). Sie ist eine der göttlichen Stickerinnen, die mich dazu inspiriert hat, endlich selbst die Nadel aus dem Kissen zu ziehen und zu schaffen (siehe unten).
Es ist schwer zu glauben, dass diese kleinen Meisterwerke tatsächlich aus Fäden bestehen, aber zoomt ruhig hinein und staunt. Feinster Stich an feinstem Stich und schon hat man ein Universum – oder einen Vulkan – oder eine Wiese im warmen August.
Baby-Steps mit DIY Kits
Meine ersten Ambitionen waren natürlich ein biiiisschen bescheidener. Man muss auf Etsy nur „embroidery kit“ eingeben und schon öffnet sich einem eine völlig neue (und …beängstigende) Welt der Kreativität. Ich habe mindestens zwanzig dieser „Kits“ auf meiner Wunschliste, also keine Sorge – ich werde mich eifrig durcharbeiten und berichten!
Mein erster DIY-Kit war von „ArtByAshfox“, einer tollen und beginnerfreundlichen Künstlerin aus der Ukraine, die unter anderem auch personalisierte Porträts von Haustieren anbietet – eine geniale Idee!
Mein Kit war zwar nicht für mein tatsächliches Haustier (eine steinalte Schildkröte namens Cassiopeia. Vielen Dank, Omi Otti), aber für das Haustier meines Herzens: einen fluffigen Fuchs. Hier also der Entstehungsprozess meines ersten DIY-Kits…
DIY-Kits: Ein holpriger Anfang
Meine erste unerwartete Herausforderung war bereits der „Hoop“ – der Stickrahmen. Die Bedienung ist zwar an sich ziemlich intuitiv (und Gott sei Dank gibt es YouTube-Tutorials), aber es hat gut zehn verzweifelte Minuten gebraucht, bevor mir aufgegangen ist, dass man ihn gar nicht völlig zudrehen muss. Ein glorreicher Anfang.
Dann ging es ans Übertragen der Vorlage. Dabei wird die Vorlage unter dem Stoff befestigt (Tixo hielt bei mir nicht, also wäre meine Empfehlung, es gleich mit zwei oder mehr Nadeln zu fixieren) und von unten beleuchtet. JEDE leuchtende Oberfläche funktioniert, also hab ich die Operation kurzerhand auf meinem I-Pad durchgeführt (#21stcenturyembroidery?). Mein Bleistift hat es in der Not auch getan, aber ich habe gelernt, dass es auch richtige Textilmarker gibt, in die ich vermutlich nächstes Mal investieren werde.
Es ging leider nicht sehr bald bergauf – der Knötchenstich, den man für die Sterne in Himmel braucht, ist 10.000 Mal schwieriger, als ihn meine liebe Omama das letzte Mal dargestellt hat.
Nachdem ich mich durchgekämpft und danach ein paar Wochen lang meine (psychischen) Wunden geleckt habe, ging es wieder an die Front.
Ein erfüllender Prozess
Man lernt beim Sticken schnell dreierlei:
1) Es ist befriedigend, wenn etwas im Endeffekt wirklich so ausschaut, wie man wollte.
2) Es gibt kein besseres Gefühl, als mit einem wissenden Seitenblick die Nadel durch den Stoff zu piksen. Man fühlt sich, als würde man in seiner Kemenate den besten Tratsch der Burg hören. Natürlich nicht, weil man zuhört. Man sitzt ja nur hier. Man lächelt. Man stickt. Man plant.
3) Man kann endlich etwas mit seinen Händen anfangen, während man Serien und Filme schaut. Ich war noch nie so passiv produktiv!
Ein glückliches Ende
Diese Vorder- und Rückseite wird mir eine Lektion sein. Vieles sieht auf den ersten Blick einfach aus, aber man weiß erst wirklich wie viel Arbeit hinter etwas steckt, wenn man hinter den Vorhang schaut.
Und war es die Arbeit wert? Absolut! Ich fühle mich mehr als bereit für meine zweiten und dritten DIY-Kits und freu mich schon auf nächstes Mal 🙂
Es war mir ein Volksfest,
eure Leni